Direkt- und Vor-Ort-Vermarktung

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Ein wichtiger Baustein der Energiewende:

Per dezentraler Erzeugung und Direktversorgung mit Strom wird Strom bedarfsgerecht vor Ort erzeugt und verbraucht. Das ist demokratisch, gerecht, ökologisch und energiewirtschaftlich sinnvoll. Die regionale Direktvermarktung gilt als ein mögliches Geschäftsmodell jenseits des EEG.

Auch Stadtwerke würden für ihre Kunden gern Ökostrom aus der Region, oder zumindest aus Deutschland, liefern, also dezentral und Verbraucher-nah erzeugten Strom aus Erneuerbaren Energiequellen. Wegen des Erneuerbare-Engerien-Gesetzes (EEG) ist dies jedoch nicht einfach.

EEG § 33b benennt 3, sich gegenseitig ausschließende, Möglichkeiten der Direktvermarktung:

1) Anlagenbetreiber können ihren Strom erstens direkt vermarkten und dafür eine Marktprämie nach § 33g in Anspruch nehmen (§ 33b Nr. 1)

2) sie können weiterhin den Strom an eine Versorgungsunternehmen vermarkten, der ihn nutzt, um das Grünstromprivileg nach § 39 in Anspruch nehmen zu können (§ 33b Nr. 2)

3) schließlich können Anlagenbetreiber den Strom in sonstiger Weise direkt vermarkten (§ 33b Nr. 3).


Inhaltsverzeichnis

Direktversorgung

Direktverbrauch von erneuerbarem und KWK-Strom sollte mit dem Eigenverbrauch gleichgestellt wird. Derzeit ist in der EEG-Novelle von 2014 beim Direktverbrauch eine 100%ige Belastung mit der EEG-Umlage vorgesehen. Zum Vergleich: Viele Großkonzerne sollen für Eigenstrom aus konventionellen Anlagen nur 15% der EEG-Umlage zahlen.


Direktvermarktung

Das öffentliche Stromnetz wird in Anspruch genommen oder Erzeuger und Verbraucher sind nicht dieselbe (juristische) Person. Es gibt bereits Betreiber von PV-Anlagen, die ihren überschüssigen Strom, den sie nicht selbst verbrauchen können, an Nachbarn, an die öffentliche Hand oder Betriebe verkaufen. Der Strom wird somit nicht mehr an der Strombörse gehandelt. Der Anlagenbetreiber erhält von seinem Nachbarn einen höheren Preis als die Einspeisevergütung und der Nachbar zahlt für den Solarstrom von nebenan weniger als bei einem klassischen Stromanbieter. In § 33b bietet das EEG dem Anlagenbetreiber eine Alternative zur EEG-Vergütung, nämlich die Zahlung einer Marktprämie und einer Managementprämie. Die Anlagenbetreiber können von Monat zu Monat wählen, ob sie die feste Vergütung beanspruchen wollen oder die Marktprämie.

Möglich sind bei Direktvermarktung:

Die Marktprämie bemisst sich an der Differenz zwischen Marktpreis und dem EEG-Vergütungssatz. Damit bewegt sich der Anlagenbetreiber aber immer noch innerhalb des EEG. Die Möglichkeit, Strom ohne Festvergütung bzw. Marktprämie zu vermarkten ist im EEG in § 33b Nummern 2 und 3 geregelt.

Die Option der direkten und ortsnahen Nutzung wird über das sogenannte Grünstromprivileg und eine Befreiung von der Stromsteuer gefördert. Für die Stromsteuerbefreiung muss sich der Anlagenbetreiber beim Hauptzollamt eine Genehmigung für die Vermarktung in räumlichem Zusammenhang einholen.


Direktvermarktung nach Marktprämienmodell

  • Börse: Bündelung verschiedener Anlagen und Fernsteuerung zur Erreichung der Prognose (1 Tag vorher anzumelden); Managementprämie für Teilnahme an Börse
  • Endverbraucher: Möglichst identischen Lastprofil Erzeugung versus Verbrauch,
Anfall von Netznutzungsentgelt, Stromsteuer (bei > 2MW PV) und EEG-Umlage

Über 80 Prozent der Windenergie an Land wird bereits direkt und nicht über die Einspeisevergütung vermarktet. Für die Zeit der Direktvermarktung bekommt er zusätzlich für den Mehraufwand eine anlagenspezifische Managementprämie, die jedes Jahr reduziert wird (2014: 0,25-0,6 Ct/kWh je nach Energiequelle). Ein Anlagenbetreiber kann dadurch gegenüber der festen Einspeisevergütung Mehrerlöse erzielen. Eine bedarfsgerechte Einspeisung, d.h. wenn der Stromverbrauch hoch ist und die Einspeisung aus Windenergie- und Solarstromanlagen niedrig ist, kann die zusätzlichen Erlöse weiter steigern. Dadurch sollen die Anlagenbetreiber einen Anreiz erhalten, in die Direktvermarktung zu wechseln. Stromverbrauch und Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien sollen so weiter zusammenwachsen. Betreiber von Biogasanlagen können nach § 33 EEG Abs. i zusätzlich zur Markt- und Managementprämie eine Flexibilitätsprämie in Anspruch zu nehmen.

Die Pflicht zur Direktvermarktung nach dem Marktprämienmodell ist aus Sicht der Bürgerenergie grundsätzlich abzulehnen, wegen Teilnahmepflicht an der Börse, womit "Grünstrom" zu "Graustrom" wird, also kein Ökozertifikat erhält.


Direktvermarktung nach dem Grünstromprivileg

Die „Direktvermarktung zum Zweck der Verringerung der EEG-Umlage durch ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen“ (Grünstromprivileg, nach EEG § 39 Absatz 1) bietet die Möglichkeit für Anlagenbetreiber, Händler und Energieversorger, die Endkunden direkt mit Strom aus dezentralen Erneuerbaren Energien zu versorgen. Das Grünstromprivileg kann nur im Gegenzug zu einem Verzicht auf die feste Einspeisevergütung in Anspruch genommen werden. Eine zusätzliche Markt- oder Managementprämie ist ebenso ausgeschlossen. In acht von zwölf Monaten müssen 50 Prozent des an die Endkunden gelieferten Stroms aus EEG-förderfähigen Anlagen und 20 Prozent aus den fluktuierenden Erneuerbaren Energien Wind und Sonne stammen. Die Befreiung ist auf 2,0 ct/kWh begrenzt. Das heißt, aktuell läge die zu zahlende EEG-Umlage bei etwa 4,2 ct/kWh. Diese beiden Quoten stellen für den Energieversorger ein Risiko dar. Wenn er die Quote über das Jahr gesehen zwar erfüllt, aber nur in sieben von zwölf Monaten, muss er die gesamte EEG-Umlage nachbezahlen. Das Grünstromprivileg leistet einen höheren Beitrag zur Systemintegration als die Marktprämie. Die Erfüllung der gesetzlichen Quoten erfolgt durch Strommengen, die viertelstündlich den Stromverbrauch der Endkunden decken. Die Strommenge darf dabei den Verbrauch nicht überschreiten. Das führt dazu, dass die Stromhändler die fluktuierende Wind- und Solarenergie bei Flauten und Dunkelheit durch regelbare Erneuerbare Energien (Biomasse oder Wasserkraft) ausgleichen müssen. Außerdem hat der Händler einen Anreiz, mit den Kunden ein Lastmanagement abzustimmen.

Ein großer Vorteil des Grünstromprivilegs ist, dass das Energieversorgungsunternehmen ein hundertprozentiges Ökostromportfolio an den Endkunden liefern kann. Verschiedene EEG-Erzeugungsanlagen werden so miteinander kombiniert, dass sich fluktuierende Energien (Wind und Sonne) mit Wasserkraft oder Bioenergie zu einer Vollversorgung mit Ökostrom ergänzen.

Der Vorteil der Direktvermarktung nach dem Grünstromprivileg gegenüber dem Marktprämienmodell ist, dass aus dem wertvollen Grünstrom aus der Region nicht Graustrom gemacht wird. Denn wenn der Strom aus Erneuerbare-Energie-Anlagen an der Börse verkauft wird, fließt der Grünstrom in den allgemeinen „Stromsee” ein und ist dann nicht mehr von Strom aus Kohle- oder Atomkraftwerken zu unterscheiden.

Die NATURSTROM AG wendet Direktvermarktung nach dem Grünstromprivileg an, und konnte so (als bisher einziger Anbieter) Ökostrom mit Zertifikat an ihre Kunden liefern. Die Bundesregierung plant jedoch im Zuge der EEG-Reform 2014 das Grünstromprivileg zu streichen.

Nachteil: Grünstromprivileg belastet EEG-Umlage zusätzlich. Das Grünstromprivileg widerspricht dem Prinzip "Ökostromzertifikat nur bei Förderverzicht". Das Grünstromprivileg wurde auch von Stromhändlern missbraucht, die teilweise Kohlestrom anbieten. Die Ermäßigung der EEG-Umlage wurde im Jahr 2011 auf 2 Ct/KWh begrenzt.


Direktvermarktung im räumlichen Zusammenhang

Neben der EEG-Umlage kann der Strom auch von der Stromsteuer befreit werden. In § 9 Abs. 1 Nr. 3b StromStG heißt es, dass für die Befreiung von der Stromsteuer ein „räumlicher Zusammenhang“ zwischen Erzeuger und Verbraucher bestehen muss. Gesetzlich ist der Begriff nicht genau definiert. In der Praxis handelt es sich dabei um eine Entfernung von vier bis sechs Kilometern. Ein Urteil des Bundesfinanzhofs begrenzte ihn auf 4,5 Kilometer. Im ländlichen Raum mit niedriger Bevölkerungsdichte gilt auch ein Umkreis von acht Kilometern immer noch als „räumlicher Zusammenhang“. Die Leistung der Anlage darf zwei Megawatt nicht überschreiten. Da der Strom aus technischen Gründen physikalisch nicht in Gänze vom Erzeuger zum Verbraucher geliefert werden kann, muss zumindest nachgewiesen werden, dass der vom Stromkunden verbrauchte Strom zeitgleich erzeugt wurde. Auch Strom aus Netzen, in denen zu 100 Prozent Strom aus Erneuerbaren-Energien-Quellen fließt, ist von der Stromsteuer befreit.


Vor-Ort-Vermarktung

Bei der Vor-Ort-Vermarktung wird der Strom direkt, d.h. ohne Netzdurchleitung, an den Kunden geliefert. Die technische Voraussetzung dafür ist, dass es eine direkte Verbindung zwischen Erzeugungsanlage und dem Ort des Verbrauchs gibt, die unabhängig vom öffentlichen Netz ist. Das betrifft vor allem Hauseigentümer, die ihren Solarstrom direkt an ihre Mieter im Haus verkaufen. Aber auch auf den Betriebsgeländen von großen Unternehmen wird dieses Geschäftsmodell genutzt. Dafür werden nur eine reduzierte EEG-Umlage und die Umsatzsteuer erhoben. Netzentgelte, die Konzessionsabgabe und die Stromsteuer fallen dagegen weg. Dadurch reduziert sich der Strompreis um etwa 10 ct/kWh. Gesetzliche Grundlagen sind § 37 Abs. 3 EEG (2012) , § 9 Abs. 1 StromStG und § 17 Strom NEV.

Quelle: http://www.unendlich-viel-energie.de/media/file/328.70_Renews_Spezial_Eigenverbrauch_online_apr14.pdf


Nach dem Entwurf des Gesetzes zur EEG-Reform (2014) wird die Direkt- und Vorort-Vermarktung von Grünstrom mit der EEG-Umlage voll belegt, wenn das Grünstromprivileg wegfällt. Damit ist der Anreiz dies über eine Genossenschaft zu realisieren gering.

Was ist zu tun? Untergrenzen für Direktvermarktung bei 10 MW einführen und Ausschreibungen verhindern.


Mieterstrom-Modell

Heidelberger Energiegenossenschaft eG (HEG) hat auf sieben Mehrfamilienhäusern einer Wohnungsgenossenschaft Solaranlagen realisiert und verkauft den dort produzierten Strom an die Bewohner. Das Modell ist auf große Resonanz gestoßen, deshalb bieten das Netzwerk Energiewende jetzt und die HEG einen Praxisworkshop zum Mieterstrom-Modell an.


Kritische Wertung

"Ökostromanbieter – ein Auslaufmodell"


siehe auch Ökostrom-Angebote

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