Direkt- und Vor-Ort-Vermarktung

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Ein wichtiger Baustein der Energiewende:

Per dezentraler Erzeugung und Direktversorgung mit Strom wird Strom bedarfsgerecht vor Ort erzeugt und verbraucht. Das ist demokratisch, gerecht, ökologisch und energiewirtschaftlich sinnvoll. Die Einspeisevergütung - nach bisherigem EEG der Normalfall für BürgerEnergiegenossenschaften - wird nach neuem EEG, das ab 1.8.2014 in Kraft tritt immer weniger attrattiv und somit künftig zur Ausnahme. Die "Direktvermarktung" wird zunehmend der Normalfall.

Für die Direktvermarktung gilt es folgende Geschäftsmodelle nach dem ab 1.8.2014 gültigen EEG:


1) Eigenverbrauch

ohne öffentliches Netz und "räumlicher Zusammenhang" (bei Bestandsanlagen: "oder" statt "und")
Erzeuger und Verbraucher in Personalidentität (d.h. Letztverbraucher = Anlagenbetreiber)
EEG-Umlage entfällt bis 10 kW sowie bei Bestandsanlagen (vor 1.8.2014)
sonst 15% EEG-Umlage zu zahlen
keine Stomsteuer, KWK-Umlage und Konzessionsabgabe, da keine Nutzung des öff. Netzes
Meldung an Übertragungsnetzbetreiber

2) Direktvermarktung durch Dritte

Lieferung an Dritte, ohne öffentliches Netz und im "räumlichen Zusammenhang"
Stromsteuer (2,05 ct/kWh) entfällt, wenn < 2MW und im "räumlichen Zusammenhang"(beim Hauptzollamt zu beantragen)
EEG-Umlage ist zu zahlen
keine sonstigen Entgelt (KWK- Umlage, Konzessionsabgabe),wenn ohne öff. Netz
Die zulässigen Entfernungsangaben für "räumlichen Zusammenhang" werden im Einzelfall definiert. Entfernungen bis 4,5 km gelten aber in jedem Fall als "räumlicher Zusammenhang".
"räumlicher Zusammenhang" ist objektbezogen, keine flächendeckende, regionale Versorgung
Anlagenbetreiber wird zum EVU (Energieversorgungsunternehmen);
begrenzte Anzahl von Entnahmestellen
(Das bisherige Grünstromprivileg wird mit der EEG-Novelle 2014 ersatzlos abgeschafft.)

3) Direktvermarktung mit Marktprämie

kein "räumlicher Zusammenhang"
Nutzung des öffentlichen Netzetzes
Einspeisung in "Graustrom-See", Bilanzkreise
Fernsteuerbarkeit (d.h. Abstellbarkeit)


Strompreisbestandteile:

.

Auch Stadtwerke würden für ihre Kunden gern Ökostrom aus der Region, oder zumindest aus Deutschland, liefern, also dezentral und Verbraucher-nah erzeugten Strom aus Erneuerbaren Energiequellen. Wegen des Erneuerbare-Engerien-Gesetzes (EEG) ist dies jedoch nicht einfach.

EEG § 33b benennt 3, sich gegenseitig ausschließende, Möglichkeiten der Direktvermarktung:

Anlagenbetreiber können

1) ihren Strom erstens direkt vermarkten und dafür eine Marktprämie nach § 33g in Anspruch nehmen (§ 33b Nr. 1)

2) sie können weiterhin den Strom an eine Versorgungsunternehmen vermarkten, der ihn nutzt, um das Grünstromprivileg nach § 39 in Anspruch nehmen zu können (§ 33b Nr. 2)

3) schließlich können Anlagenbetreiber den Strom in sonstiger Weise direkt vermarkten (§ 33b Nr. 3).


Inhaltsverzeichnis

Direktvermarktung

Das öffentliche Stromnetz wird in Anspruch genommen oder Erzeuger und Verbraucher sind nicht dieselbe (juristische) Person. Es gibt bereits Betreiber von PV-Anlagen, die ihren überschüssigen Strom, den sie nicht selbst verbrauchen können, an Nachbarn, an die öffentliche Hand oder Betriebe verkaufen. Der Strom wird somit nicht mehr an der Strombörse gehandelt. Der Anlagenbetreiber erhält von seinem Nachbarn einen höheren Preis als die Einspeisevergütung und der Nachbar zahlt für den Solarstrom von nebenan weniger als bei einem klassischen Stromanbieter. In § 33b bietet das EEG dem Anlagenbetreiber eine Alternative zur EEG-Vergütung, nämlich die Zahlung einer Marktprämie und einer Managementprämie. Die Anlagenbetreiber können von Monat zu Monat wählen, ob sie die feste Vergütung beanspruchen wollen oder die Marktprämie.

Möglich sind bei Direktvermarktung:

Die Marktprämie bemisst sich an der Differenz zwischen Marktpreis und dem EEG-Vergütungssatz. Damit bewegt sich der Anlagenbetreiber aber immer noch innerhalb des EEG. Die Möglichkeit, Strom ohne Festvergütung bzw. Marktprämie zu vermarkten ist im EEG in § 33b Nummern 2 und 3 geregelt.

Die Option der direkten und ortsnahen Nutzung wird über das sogenannte Grünstromprivileg und eine Befreiung von der Stromsteuer gefördert. Für die Stromsteuerbefreiung muss sich der Anlagenbetreiber beim Hauptzollamt eine Genehmigung für die Vermarktung in räumlichem Zusammenhang einholen.


Direktvermarktung nach Marktprämienmodell

  • Börse: Bündelung verschiedener Anlagen und Fernsteuerung zur Erreichung der Prognose (1 Tag vorher anzumelden); Managementprämie für Teilnahme an Börse
  • Endverbraucher: Möglichst identischen Lastprofil Erzeugung versus Verbrauch,
Anfall von Netznutzungsentgelt, Stromsteuer (bei > 2MW PV) und EEG-Umlage

Über 80 Prozent der Windenergie an Land wird bereits direkt und nicht über die Einspeisevergütung vermarktet. Für die Zeit der Direktvermarktung bekommt er zusätzlich für den Mehraufwand eine anlagenspezifische Managementprämie, die jedes Jahr reduziert wird (2014: 0,25-0,6 Ct/kWh je nach Energiequelle). Ein Anlagenbetreiber kann dadurch gegenüber der festen Einspeisevergütung Mehrerlöse erzielen. Eine bedarfsgerechte Einspeisung, d.h. wenn der Stromverbrauch hoch ist und die Einspeisung aus Windenergie- und Solarstromanlagen niedrig ist, kann die zusätzlichen Erlöse weiter steigern. Dadurch sollen die Anlagenbetreiber einen Anreiz erhalten, in die Direktvermarktung zu wechseln. Stromverbrauch und Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien sollen so weiter zusammenwachsen. Betreiber von Biogasanlagen können nach § 33 EEG Abs. i zusätzlich zur Markt- und Managementprämie eine Flexibilitätsprämie in Anspruch zu nehmen.

Die Pflicht zur Direktvermarktung nach dem Marktprämienmodell ist aus Sicht der Bürgerenergie grundsätzlich abzulehnen, wegen Teilnahmepflicht an der Börse, womit "Grünstrom" zu "Graustrom" wird, also kein Ökozertifikat erhält.


Direktvermarktung nach dem Grünstromprivileg

Die „Direktvermarktung zum Zweck der Verringerung der EEG-Umlage durch ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen“ (Grünstromprivileg, nach EEG § 39 Absatz 1) bietet die Möglichkeit für Anlagenbetreiber, Händler und Energieversorger, die Endkunden direkt mit Strom aus dezentralen Erneuerbaren Energien zu versorgen. Das Grünstromprivileg kann nur im Gegenzug zu einem Verzicht auf die feste Einspeisevergütung in Anspruch genommen werden. Eine zusätzliche Markt- oder Managementprämie ist ebenso ausgeschlossen. In acht von zwölf Monaten müssen 50 Prozent des an die Endkunden gelieferten Stroms aus EEG-förderfähigen Anlagen und 20 Prozent aus den fluktuierenden Erneuerbaren Energien Wind und Sonne stammen. Die Befreiung ist auf 2,0 ct/kWh begrenzt. Das heißt, aktuell läge die zu zahlende EEG-Umlage bei etwa 4,2 ct/kWh. Diese beiden Quoten stellen für den Energieversorger ein Risiko dar. Wenn er die Quote über das Jahr gesehen zwar erfüllt, aber nur in sieben von zwölf Monaten, muss er die gesamte EEG-Umlage nachbezahlen. Das Grünstromprivileg leistet einen höheren Beitrag zur Systemintegration als die Marktprämie. Die Erfüllung der gesetzlichen Quoten erfolgt durch Strommengen, die viertelstündlich den Stromverbrauch der Endkunden decken. Die Strommenge darf dabei den Verbrauch nicht überschreiten. Das führt dazu, dass die Stromhändler die fluktuierende Wind- und Solarenergie bei Flauten und Dunkelheit durch regelbare Erneuerbare Energien (Biomasse oder Wasserkraft) ausgleichen müssen. Außerdem hat der Händler einen Anreiz, mit den Kunden ein Lastmanagement abzustimmen.

Ein großer Vorteil des Grünstromprivilegs ist, dass das Energieversorgungsunternehmen ein hundertprozentiges Ökostromportfolio an den Endkunden liefern kann. Verschiedene EEG-Erzeugungsanlagen werden so miteinander kombiniert, dass sich fluktuierende Energien (Wind und Sonne) mit Wasserkraft oder Bioenergie zu einer Vollversorgung mit Ökostrom ergänzen.

Der Vorteil der Direktvermarktung nach dem Grünstromprivileg gegenüber dem Marktprämienmodell ist, dass aus dem wertvollen Grünstrom aus der Region nicht Graustrom gemacht wird. Denn wenn der Strom aus Erneuerbare-Energie-Anlagen an der Börse verkauft wird, fließt der Grünstrom in den allgemeinen „Stromsee” ein und ist dann nicht mehr von Strom aus Kohle- oder Atomkraftwerken zu unterscheiden.

Die NATURSTROM AG wendet Direktvermarktung nach dem Grünstromprivileg an, und konnte so (als bisher einziger Anbieter) Ökostrom mit Zertifikat an ihre Kunden liefern. Die Bundesregierung plant jedoch im Zuge der EEG-Reform 2014 das Grünstromprivileg zu streichen.

Nachteil: Grünstromprivileg belastet EEG-Umlage zusätzlich. Das Grünstromprivileg widerspricht dem Prinzip "Ökostromzertifikat nur bei Förderverzicht". Das Grünstromprivileg wurde auch von Stromhändlern missbraucht, die teilweise Kohlestrom anbieten. Die Ermäßigung der EEG-Umlage wurde im Jahr 2011 auf 2 Ct/KWh begrenzt.


Direktvermarktung im räumlichen Zusammenhang

Neben der EEG-Umlage kann der Strom auch von der Stromsteuer befreit werden. In § 9 Abs. 1 Nr. 3b StromStG heißt es, dass für die Befreiung von der Stromsteuer ein „räumlicher Zusammenhang“ zwischen Erzeuger und Verbraucher bestehen muss. Gesetzlich ist der Begriff nicht genau definiert. In der Praxis handelt es sich dabei um eine Entfernung von vier bis sechs Kilometern. Ein Urteil des Bundesfinanzhofs begrenzte ihn auf 4,5 Kilometer. Im ländlichen Raum mit niedriger Bevölkerungsdichte gilt auch ein Umkreis von acht Kilometern immer noch als „räumlicher Zusammenhang“. Die Leistung der Anlage darf zwei Megawatt nicht überschreiten. Da der Strom aus technischen Gründen physikalisch nicht in Gänze vom Erzeuger zum Verbraucher geliefert werden kann, muss zumindest nachgewiesen werden, dass der vom Stromkunden verbrauchte Strom zeitgleich erzeugt wurde. Auch Strom aus Netzen, in denen zu 100 Prozent Strom aus Erneuerbaren-Energien-Quellen fließt, ist von der Stromsteuer befreit.



Direktversorgung, Direktverbrauch

Typischer Weise nutzen private Besitzer einer Anlage zur Erzeugung von Strom (z.B. eigene PV- oder Windkraft-Anlage, aber auch KWK), manchmal auch kleine Gemeinden oder Unternehmen, den selbst erzeugten Strom. Sie erhalten zwar keine EEG-Vergütung, können aber Kosten sparen, weil sie keine EEG-Umlage, Netzentgelte- und umlage, Konzessionsabgabe, KWK- und Offshore-Umlage sowie Stromsteuer zahlen. Sie sparen damit ca. 17 Ct/kWh gegenüber dem Strombezug aus dem öffentlichen Netz.


Wirtschaftlichen Gründe für den Eigenverbrauch oder die Direktlieferung:

Für den über das öffentliche Netz bezogenen Strom muss der Endverbraucher in der Regel Netzentgelte, Stromsteuer, EEG-Umlage, KWK-Aufschlag, die Umlage nach § 19 Stromnetzentgeltverordnung, die Offshore-Haftungsumlage, die Umlage für abschaltbare Lasten und Konzessionsabgaben zahlen. Bezieht der Endverbraucher den Strom hingegen außerhalb des öffentlichen Stromnetzes, fallen diese Entgelte und Abgaben vielfach nicht an.

Kritik: Dies ist unsolidarisch. Eigenverbraucher tragen die Kosten der Energiewende und Infrastruktur nicht mit, insbesonere nicht die EEG-Umlage, über die überhaupt erst per 20-Jahre-EEG-Vergütung die EE-Technik eine Massenanwendung fand und so wirtschaflich wurde. Beim Eigenverbrauchsmodell müssen Erzeuger und Nutzer identisch sein.

Derzeit ist in der EEG-Novelle von 2014 beim Direktverbrauch eine 100%ige Belastung mit der EEG-Umlage vorgesehen. Aber zum Vergleich: Engergieintensive Großkonzerne sollen für Eigenstrom aus konventionellen Anlagen nur 15% der EEG-Umlage zahlen.


Vor-Ort-Vermarktung und Eigenverbrauch

Bei der Vor-Ort-Vermarktung wird der Strom direkt, d.h. ohne Netzdurchleitung, an den Kunden geliefert. Die technische Voraussetzung dafür ist, dass es eine direkte Verbindung zwischen Erzeugungsanlage und dem Ort des Verbrauchs gibt, die unabhängig vom öffentlichen Netz ist. Das betrifft vor allem Hauseigentümer, die ihren Solarstrom direkt an ihre Mieter im Haus verkaufen. Aber auch auf den Betriebsgeländen von großen Unternehmen wird dieses Geschäftsmodell genutzt. Dafür werden bei Eigenverbrauch nur eine reduzierte EEG-Umlage (bis 10 kW Null, darüber 30 bis 40% laut EEG-Novelle 2014) und die Umsatzsteuer erhoben. Netzentgelte, die Konzessionsabgabe und die Stromsteuer fallen dagegen weg. Dadurch reduziert sich der Strompreis um etwa 10 ct/kWh. Gesetzliche Grundlagen sind § 37 Abs. 3 EEG (2012) , § 9 Abs. 1 StromStG und § 17 Strom NEV.

Quelle: http://www.unendlich-viel-energie.de/media/file/328.70_Renews_Spezial_Eigenverbrauch_online_apr14.pdf

Die gesetzlich garantierten Vergütungssätze für eingespeisten Ökostrom sind in den vergangenen Jahren stark gesunken, daher ist der Eigenverbrauch zum Erfolgsmodell der Branche geworden. Unternehmen und Privathaushalte produzieren den Strom, verkaufen ihn aber nicht und streichen somit auch nicht die EEG-Vergütung ein.

Derzeit profitieren von dem Privileg der Freistellung von der EEG-Umlage bei Eigenverbrauch hauptsächlich große Unternehmen, die sich mit dreckigem Strom selbst versorgen, die meisten Anlagen verfeuern fossile Brennstoffe. In einer Studie des Beratungsunternehmens Energy Brainpool im Auftrag der Übertragungsnetzbetreiber heißt es, dass 2,8 Terawattstunden Solarstrom von der Umlage befreit sind – aber 44 Terawattstunden Industriestrom. Derzeit ist das große Problem also die Ausnahme für die Industrie.




Mieterstrom-Modell

Heidelberger Energiegenossenschaft eG (HEG) hat auf sieben Mehrfamilienhäusern einer Wohnungsgenossenschaft Solaranlagen realisiert und verkauft den dort produzierten Strom an die Bewohner. Das Modell ist auf große Resonanz gestoßen, deshalb bieten das Netzwerk Energiewende jetzt und die HEG einen Praxisworkshop zum Mieterstrom-Modell an.


Kritische Wertung

"Ökostromanbieter – ein Auslaufmodell"


siehe auch Ökostrom-Angebote

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